Die Baureihe 423

...und warum wir gleich zwei Soundprojekte erstellt haben
Unser persönliches Lieblingsfahrzeug und damit auch Namensgeber unserer Webseite sind die Elektrotriebwägen der Baureihe 423.
Das Klangbild dieser Baureihe ist komplex und enthält viele interessante Eigenheiten und Details. Dadurch wurde es zur besonderen Herausforderung, ein Soundprojekt für Modelleisenbahnen zu erstellen.
Warum wir für das Fahrzeug zwei verschiedene Soundprojekte erstellt haben und wie der Sound des Vorbilds entsteht, soll dieser Artikel erklären.

Was das Besondere am Klang der BR 423 ist
Die seit etwa der Jahrtausendwende gebauten S-Bahn Triebzüge der Baureihe 423, die die Nachfolge der Baureihe 420 angetreten sind, erstrecken sich über die Fahrzeugnummern 423 001 bis 423 462. Im Laufe der Zeit wurden die Fahrzeuge und deren Antriebe immer weiterentwickelt und verbessert.
Die verschiedenen Bauserien der BR 423 wurden jeweils mit unterschiedlichen Drehstrominvertern ausgestattet und sind daher akustisch gut zu unterscheiden. Während die GTO-Inverter der ersten Bauserie beim Anfahren ein heulendes Geräusch von sich geben, ist es bei den IGBT-Invertern der höheren Bauserien eher ein Surren.
So entstanden insgesamt fünf Bauserien des ET 423, deren Charakteristika der folgenden Auflistung entnommen werden können.
Bemerkenswert ist, dass die IGBT-Inverter jeweils zwischen zwei verschiedene Betriebsmodi umschalten können, was zu einer Tonlagenveränderung führt. Das Umschalten in den zweiten Modus geschieht in bestimmten Situationen ganz von allein und kommt nur ab und zu vor. Aber mit etwas Glück kann man das Phänomen auch am Original erleben (an unserem Soundprojekt der BR 423 mit IGBT-Inverter kann man per Funktionstaste in diesen zweiten Modus wechseln).

1. Bauserie: 423 001 - 423 190
Baujahr
1998
Einsatz
2000 - heute
Antrieb
GTO-Inverter
Klangbeispiel

2. Bauserie: 423 191 - 423 305
Baujahr
1999
Einsatz
2001 - heute
Antrieb
IGBT-Inverter
Klangbeispiel

2. - 5. Bauserie mit Tonlagenveränderung
Baujahr
1999 - 2007
Einsatz
2001 - heute
Antrieb
IGBT-Inverter
Klangbeispiel

3. Bauserie: 423 306 - 423 371
Baujahr
2003
Einsatz
2004 - heute
Antrieb
IGBT-Inverter
Klangbeispiel

4. Bauserie: 423 372 - 423 396
Baujahr
2005
Einsatz
2006 - heute
Antrieb
IGBT-Inverter
Klangbeispiel

5. Bauserie: 423 397 - 423 462
Baujahr
2007
Einsatz
2010 - heute
Antrieb
IGBT-Inverter
Klangbeispiel
Anmerkungen zu den Betriebsnummern: Eine Triebzugeinheit besteht immer aus vier Wagen, deren einzelne Betriebsnummern grundsätzlich folgendem Schema folgen:
-
1. Wagen (Vorderer Steuerwagen): 423 x
-
2. Wagen (Mittelwagen mit Stromabnehmer): 433 x
-
3. Wagen (Mittelwagen): 433 x+500
-
4. Wagen (Hinterer Steuerwagen): 423 x+500
Der Triebzug 423 001 setzt sich also beispielsweise aus den Wagen 423 001, 433 001, 433 501 und 423 501 zusammen. Der Triebzug 423 462 besteht aus den Wagen 423 462, 433 462, 433 962 und 423 962.
Wie das Klangbild entsteht
Im Gegensatz zu (analogen) Wechselstrom-Altbau-Elektrolokomotiven, deren Antrieb sich nahezu geräuschlos zeigt, zeichnen sich Drehstromlokomotiven durch ihr markantes Antriebsgeräusch aus. Grund dafür ist die digitale Leistungselektronik.
Das Klangbild des gesamten Antriebsstrangs setzt sich aus dem Verhalten verschiedener Komponenten, wie der Transformatoren, Motoren, oder Bremssysteme zusammen. Doch die akustisch interessanteste Komponente der Leistungselektronik eines Triebfahrzeugs stellen die Stromrichter bzw. Inverter dar, deren Aufgabe es ist, die Fahrmotoren mit Spannung zu versorgen. Weil diese Komponenten in modernen Lokomotiven digital arbeiten, erzeugen sie "eckige" Spannungsverläufe, wodurch Magnetfelder enstehen, welche die mechanischen Komponenten des Antriebs zu hörbaren Schwingungen anregen:
Über Halbleiterschaltelemente, sogenannten Thyristoren, wird die Spannung an den Polpaaren des Antriebsmotors eingestellt.
Um unterschiedliche analoge Spannungen durch ein digitales Steuergerät erzeugen zu können, bedient man sich eines Tricks der Steuerungstechnik, der sogenannten Pulsweitenmodulation (PWM): Dabei wird die Versorgungsspannung durch die Thyristoren in hoher Frequenz ein- und ausgeschaltet. Je nachdem, wie hoch die Einschaltdauer dabei im Vergleich zur Ausschaltdauer ist, ändert sich die im Mittel anliegende Spannung am Motor.
Die Abbildung soll das verdeutlichen: Gewünscht ist beispielsweise ein analoger Spannungsverlauf über die Zeit, wie er durch den blauen Graphen im unteren Teil der Abbildung eingezeichnet ist. Da die digitalen Schaltelemente aber nur zwei Zustände kennen (1 = an, 0 = aus), muss der Spannungsverlauf digital angenähert werden, wie im roten Graphen im oberen Teil der Abbildung dargestellt.
Die hohe Frequenz der abrupten Ein- und Ausschaltvorgänge glättet sich dabei am Motor durch die Tiefpasswirkung elektrischer Induktivitäten und mechanischer Trägheiten wieder aus, woraus am Ende wieder der analoge Spannungsverlauf des unteren Graphen resultiert.
Die rechteckförmigen hohen Ströme und die daraus entstehenden starken Magnetfelder in der Leistungselektronik und den Drehstrommotoren regen die elektrischen Bauteile zu mechanischen Schwingungen an (Magnetostriktion), was letztendlich als hörbares Phänomen wahrnehmbar ist.

Zeitlicher Spannungsverlauf eines digitalen Pulsweitenmodulationssignals (rot) zur Annäherung eines analogen Spannungsverlaufes (blau).
Wie man mit Lokomotiven Musik macht
Das genaue Klangbild des Antriebs wird maßgeblich durch die Ansteuerungsstrategie der Thyristoren bestimmt. Der akustische Grundton hängt dabei meist direkt mit der Periodendauer des pulsweitenmodulierten Steuersignals zusammen: Das hörbare Geräusch hat dabei die doppelte Frequenz der Thyristorschaltperiode. Der Antrieb vieler Drehstromlokomotiven wird über ein PWM-Signal angesteuert, dessen Periode (Dauer zwischen zwei Einschaltvorgängen) in Stufen verändert wird, während dazwischen der Duty-Cycle (Dauer zwischen Ein- und Ausschaltvorgang) linear ansteigt.
Besonders auffällig ist dieses Verhalten bei den Lokomotiven der Baureihe 182 (besser bekannt als ÖBB 1016 Taurus), die bei niedrigen Geschwindigkeiten das Antriebssteuersignal über acht Stufen schaltet, deren PWM-Periodendauern exakt auf die musikalischen Grundtöne einer Oktave abgestimmt sind. Beim Anfahren und generatorischen Bremsen spielt diese Lokomotive deshalb die für sie so markante Tonleiter ab. Mancher Lokomotivführer behauptet sogar, die "Taurus" so gut bedienen zu können, dass es ihm möglich ist, auf ihr Lieder zu spielen.
Wenn man sich des Phänomens bewusst ist, kann man diese Tonleitern aber auch bei ganz anderen Baureihen mit Drehstromtechnik hören. Beispielsweise bei den ICE-Baureihen.
Tatsächlich existiert im Netz ein Video aus dem Jahr 2010, auf dem ein ICE der Baureihe 403 im Service-Modus die deutsche Nationalhymne "summt". Ob das nur einmalig als Spaßaktion in die Software der ICE 3 programmiert wurde, oder die Baureihe diese Funktion bis heute besitzt, ist uns leider nicht bekannt.

Modell der ÖBB 1016 Taurus
Wieso die S-Bahn manchmal heult
Die Elektroingenieure der S-Bahn Baureihe 423 scheinen bei der Entwicklung des Antriebsstrangs weniger musikalisch gewesen zu sein, als jene der "Taurus"-Lokomotive. Denn unterzieht man das Klangbild der ersten Bauserie der BR 423 einer Frequenz-Analyse (Fourier-Transformation), so merkt man, dass der Grundton der Inverter bei etwa 668 Hz liegt, was musikalisch gesehen einem stark verstimmten E (659 Hz) entspricht. Doch das ist nicht das einzig akustisch erwähnenswerte Merkmal. Das markante "Heulen" dieser Bauserie, das bei niedrigen Geschwindigkeiten auftritt, ist nach der Einführung der ersten Triebfahrzeuge in München im Jahr 2000 nicht Jedem positiv aufgefallen. Dort war man noch den deutlich anderen Klang der analogen Stromrichter der sich noch im Einsatz befindlichen Vorgängerbaureihe 420 gewohnt.
Das führte zu akustischen Nachbesserungen und erhöhter Gewichtung des Akustikdesigns bei der Neukonstruktion der Stromrichter.
So wurden (auch aus Gründen erhöhter Energieeffizienz) die Inverter ab der zweiten Bauserie nicht mehr mit GTO-Thyristoren (Gate-Turn-Off Thyristor bzw. Thyristor mit abschaltbarer Steuerungselektrode), sondern mit IGBTs (Insulated Gate Bipolar Transistor bzw. Bipolartransistor mit isolierter nicht abschaltender Steuerungselektrode) ausgestattet. Deren grundlegend veränderte Ansteuerungsstrategie erzeugt bei den Fahrzeugen höherer Bauserien nun ein eher surrendes Geräusch in den Drehstrommotoren. Rein musikalisch betrachtet besteht der Grundton nun aus einem Mehrklang mit nur leicht verstimmten Grundfrequenzen um etwa 830 Hz (Gis) und 988 Hz (H), was ein etwas harmonischeres Klangbild abgibt.

Eine daraus entstandene Besonderheit ist der 423 070 aus der ersten Bauserie, der zu Oberschwingungsmessungen im Antriebsstrang bereits mit einem IGBT-Inverter der zweiten Bauserie ausgerüstet worden ist und darum auch akustisch zu den Fahrzeugen der zweiten Bauserie zu zählen ist. In dieser Form verrichtet dieser Triebwagen bis heute seinen Dienst im Netz der S-Bahn München.
Warum wir zwei Varianten erstellt haben
Wir haben uns dazu entschlossen nur zwei der fünf Varianten zu vertonen (erste und zweite Bauserie), da die klanglichen Unterschiede zwischen dem GTO- und dem IGBT-Inverter sehr ausgeprägt sind, während sich die unterschiedlichen Versionen des IGBT-Inverters sehr stark ähneln.
Ein weiterer Faktor ist das Angebot an Modellfahrzeugen, das bisher nur aus zwei Serien der Firma Roco besteht: den 423 004 S-Bahn Stuttgart (63050/69050) und den 423 272 S-Bahn München (63052/69052).
Falls Sie Interesse an unserem Soundprojekt der BR 423 haben und sich fragen, welche der beiden Varianten für Ihr Modell geeignet ist, können Sie sich gerne an der Liste der Bauserien und den Klangbeispielen orientieren. Letztendlich hängt es nur davon ab, welche Bauserie sie im Modell nachbilden wollen und bekommen dann bei uns den passenden Inverter- und Drehstrommotor-Sound. Falls Sie in gemischter Traktion fahren möchten, können Sie auch beide Decoder kombinieren. Die beiden Soundprojekte sind vollkommen kompatibel und im Traktionsmodus aufeinander abgestimmt.
Und nicht vergessen: unsere Soundprojekte enthalten zusätzlich regionale Stations- und Sonder-Ansagen der aktuellen Beheimatungen des ET 423.
Sollten noch Fragen offen sein, können Sie uns gerne kontaktieren.
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Vielleicht konnten wir hierdurch bei dem ein oder anderen das Gehör für die Baureihe 423 oder für Drehstromlokomotiven im Allgemeinen schärfen.
Wir haben beide Varianten jeweils für die S-Bahn München, Stuttgart, Rhein-Main und Köln erstellt, damit jede im Vorbild eingesetzte BR 423 im Modell nachgebildet werden kann.
Beide Decoder unterstützen den Traktionsmodus und können in Traktion betrieben werden.
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